Ich habe diesen Thread mal eröffnet, um eine trainingsbegleitende Diskussion der Stücke und Techniken der Bucklerfechter zu ermöglichen, mit denen sich aktuell beschäftigt wird. Dadurch kann der Terminfindungs-Thread ausschließlich zur Verarbredung zum Trainieren (inkl. Stoßfechter und Ringer) und Basteln verwendet werden und wird nicht für allgemeine Gespräche rund um das Thema Schwert+Buckler missbraucht.
Die Diskussion soll sich explizit trainingsbegleitend gestalten und entspechend der Vor- und Nachbereitung dienen. Das soll nicht heißen, dass hier nur die Teilnehmer der entsprechenden Trainingsgruppe mitreden sollen, im Gegenteil; hier darf sich natürlich jeder einbringen, der der Meinung ist, zum aktuellen Stand des Trainings oder Problemen/Fehlern etwas beitragen zu können (z.B. erklärendes Video- und Bildmaterial, Texte, eigene Interpretationen, Diskussionen in anderen Foren, eigene Trainingserfahrung). Es soll nur nicht in ein willkürliches Diskutieren beliebiger Probleme rund um das I.33 oder das Bucklerfechten ausarten (z.B. zusammenhangsloses Verlinken von Videos/Texten/Bildern, Fragen zur x. Hut parallel zur Diskussion der Fußstellung auf Seite X des Manuskripts).
Wenn ich (oder gerne auch ein anderer Teilnahmer, also: Micha ;D) es schaffe, dann werde ich hier regelmäßig vom Trainingsgeschehen berichten und mögliche Probleme, Diskussionen und Erkenntnisfortschritte mitteilen.
Traningseinheit vom 12.03.2013:
aktuelles Hauptthema: die 6. Hut
Teil 1: Es wurde eine Partnerübung zur allgemeinen Bindungsarbeit durchgeführt. Der passive Partner nimmt eine Hut ein und variiert sein Verhalten in der Bindung (starke Bindung, schwache Bindung , Überbinden, nichts tun). Der aktive Partner bindet an und versucht erfolgreiche eine Aktion auszuführen (Überbinden, Unter-Schwert-und-Schild-fallen, Durchtreten, Stichschlag, Schildschlag) und dabei auf seine eigenen Blößen und Schwert&Buckler entsprechend der Bedrohung auszurichten (Vermeidung der Trennung von Schwert und Schild, Decken der Hand).
Merke: Die Übung kann theoretisch sowohl als einfacher Drill für das Fühlen/die Bindungsarbeit, als auch für das Exerzieren von Spielen und halbfreies Sparring genutzt werden.
Teil 2: Wiederholung der 6. Hut gegen Halbschild
Aktuelle Diskussion: Es wäre vielleicht sinnvoll, sich das gesamte Repertoire des I.33 zur 6. Hut im ganzen anzuschauen. Explizit erwähnt wird sie ja nur in der Vorstellung der Huten zu Beginn und auf der Folie 17r (33) (http://freywild.ch/i33/i33c.html). Hier wird auch nur schlicht auf einen Stich aus der 5. Hut verwiesen, der hier auch aus der 6. Hut geführt wird und sich auf die Bearbeitung von 5. Hut vs. Halbschild auf 27v und 28r (http://freywild.ch/i33/i33d.html#54) bezieht. Nun die Frage: Auf den hier erwähnten Seiten zur 5. Hut finden sich die bisher geübten Aktionen aus der 6. Hut, aber wenn die Stichtechnik der 5. einfach aus der 6. geführt wird, wie sieht es mit den anderen Stücken der 5. Hut (vs. den "seltenen Versatz" auf 29r und vs. "spezieller Langort" auf 27r) neben kontern des Halbschilds aus? Komsequenterweise gibt es in der Quelle nur das Spiel zwischen 6. Hut und Halbschild, aber die Übernahme aus der 5. Hut läge ja die Überlegung nahe, ob die Ähnlichkeit der beiden Huten vielleicht über den Konter des Halbschilds hinausgeht und man das Arbeiten mit der 6. Hut entsprechenden erweitern könnte.
Es gibt glaube ich einen Satz irgendwo im Buch, wonach sich fünfte und sechste Hut nur in der Position der Beine unterscheiden oder so ähnlich, das müsste ich aber mal in Ruhe nachsehen. Was die Stücke der fünften Hut angeht (und ohne dass ich jetzt bei James Hester nochmal nachgelesen hätte, ob da evtl. Folios fehlen, zwischen 26 und 27 scheint das der Fall zu sein):
1. fol. 27r: Viel schlauer bin ich auch nicht; da der Priester wohl kaum einen Stich über die Schildseite führen wird, nehme ich an, dass er aus der fünften geschlagen hat (was ja "droht", wie auf fol. 28r unten steht). Der Schuler ist dann vermutlich aus dem Speziallangort in eine Abwehr- bzw. Schützenposition gefahren, auf der der Priester auftrifft oder – wahrscheinlicher – aus Vorsicht nur erst einmal anbindet. Diese Endposition kennen wir ja schon.
2. fol. 27v bis 28r oben: Das sieht so aus wie die übliche Reihe von Stich aus sechster Hut, Überbindung und Schildschlag, worauf man aber natürlich nur kommt, wenn man die anderen Versionen davon gesehen hat. Der Schlag aus der fünften Hut gegen Halbschild wird vermutlich deshalb nur erwähnt und nicht geführt, da er ähnlich leicht zu versetzen sein müsste wie der Hieb aus der zweiten Hut gegen Halbschild, was ja im zweiten Quaternum (kurz nach den Zweite-Hut-gegen-Schützen-Stücken) kurz und knackig bewiesen wird.
3. fol. 28r unten bis 29r oben: Hm, etwas komplizierter. Wegen des drohenden Hiebes sollte der Halbschildfechter sofort eintreten, was aber nicht gezeigt ist. Stattdessen greift der Schüler mit einem Stich aus der fünften an, was der Priester mit einer Position abwehrt, die weder zur vorherigen noch zur Folgetechnik passt. Das Bild allein ließe die Interpretation zu, dass der Schüler aus der üblichen Stichanbindung gegen Halbschild bewusst die Klinge des Priesters nach rechts überbindet (denn aus einem Hieb kann er laut Text nicht kommen) und der Priester daraus dann durchtritt. Wahrscheinlicher scheint mir aber, dass die Rollen im Bild vertauscht sind und wir die übliche Überbindung des Priesters gegen den Stich haben, die im Stück davor zwar genauso angedeutet, aber nicht mit der Akzeptieren-Phase dargestellt wurde. Das kann ich aber erst bewerten, wenn ich mich durch den ganzen Kram durchgewühlt habe. Schon im nächsten Stück haben wir nämlich wieder einen Übersetzungsfehler, vermutlich aber aus Versehen:
4. fol. 29r unten bis 29v: Priester versetzt die fünfte Hut des Schülers mit seinem rara & valde bona Speziallangort. Der Text zum folgenden Stich des Schülers (nicht des Priesters, das ist der Übersetzungsfehler bei Dieter) lautet im Original:
Zitatsciatur quod si scolaris ducet fixuram que duci consueuit de consuetudine sacerdos debet etiam ducere fixuram contra fixuram scolaris quia sua magis valet intrando cum sinistro pede
Der Priester sticht dagegen also auch, weil er immer mit links nach vorn kommt und sein Stich dadurch "mehr wirkt", egal ob er einen Schritt nach vorn macht (wie wir aus der sechsten Hut) oder den rechten zurückzieht. Entweder trifft der Schüler direkt oder, wenn der Priester sich an die besprochenen Ratschläge hält, sticht er bewusst gegen und sperrt den Schüler aus, nicht zuletzt wohl durch die Flankierung nach links. Das lässt vermuten, dass man in der fünften Hut tatsächlich mit links vorn steht, wodurch der Stich mit Passierschritt auf dem rechten Bein vorn endet – dann hätte der Gegner einen Vorteil. Wie das steile Schwert des Schülers auf fol. 29v unten bewertet werden soll, wäre eine andere Sache, mir fehlt auch noch eine pfiffige Interpretation für den Stichschlag im Gegensatz zum Stich.
Soviel erst einmal, ich sollte arbeiten.
Ich hab hier (http://www.youtube.com/watch?v=kOomyXdIcB0), hier (http://www.youtube.com/watch?v=NZPemIH-WNU), hier (http://www.youtube.com/watch?v=9WKB1gGu4jE) und hier (http://www.youtube.com/watch?v=TbrQnknNRoU) nochmal den Teil von Rolands Erläuterung beim Seminar bei Twerchhau verlinkt, in denen es um die 6. Hut geht.
Vorschlag: Wäre es dann didaktisch nicht sinnvoller erst die Spiele aus der 5. Hut direkt nach Quelle zu durchdringen und dann eben jene aus der 6. Hut zu probieren, da es hier ja nur den entsprechenden Verweis gibt? Das sich beide stark ähneln wurde ja bereits erwähnt.
Kennt jemand ein schöne Systematisierung der Spiele um die 5. Hut oder möchte seine Kreativität nutzen, um selbiges zu erstellen?
Ich würde hier erstmal die betroffenen Folien listen (und bei Lücken diese Liste auf eure Hinweise hin entsprechend editieren):
6. Hut gegen Halbschild
17r oben: Ausgangsposition 6. Hut vs. Halbschild
17r unten: erfolgreicher Stich des Priesters aus der 6. Hut
17v oben: Stich des Priesters aus der 6. Hut, aber Schüler verteidigt durch Anbinden
18r oben: nach dem Stich aus der 6. Hut hat der Schüler angebunden und der Priester wechselt ins "Akzeptieren"
18r unten: der Schüler kommt mittels Schildschlag zum Treffer
5. Hut gegen Halbschild
27v oben: Ausgangsposition 5. Hut vs. Halbschild
27v unten: erfolgreicher Stich des Schülers aus der 5. Hut
28r oben: Stich des Schülers aus der 5. Hut, aber Priester verteidigt durch Anbinden und kommt mittels Schildschlag zum Treffer
28r unten: erneut Ausgangsposition 5. Hut vs. Halbschild
28v oben: erfolgreicher Stich des Schülers aus der 5. Hut
28v unten: Stich des Schülers aus der 5. Hut, aber Priester wehrt ab (aus dieser Abb. werde ich irgendwie nicht schlau, vermutest du hier den Rollenwechsel?)
29r oben: Stich des Schülers aus der 5. Hut, aber Priester verteidigt durch Anbinden und kommt mittels Schildschlag zum Treffer
5. Hut gegen Priester-Hut
29r unten: Ausgangsposition 5. Hut gegen Priester-Hut (Textverweis: Wechselt der Schüler ins Halbschild folgen die Aktionen entsprechend der 1. Hut: Halbschild = Unter-Schwert-und-Schild-fallen)
29v oben: erfolgreicher Stich des Schülers aus der 5. Hut gegen den untätigen Priester
29v unten: Stich des Schülers aus der 5. Hut, aber Priester kontert mit Stich (auch diese Folie wirkt seltsam, Warum zeigt der Ort des Schülers nach oben? Ist dieses Aktion nicht von Nachteil für den Priester, da der Schüler überbinden und schlagen kann?)
5. Hut gegen Spezial-Langort
Würde ich erstmal vernachlässigen, da der Spezial-Langort auf Folien zuvor umfassender behandelt wurd und eher als einzelne Einheit Sinn macht.
Traningseinheit vom 19.03.2013:
aktuelles Hauptthema: die 6. Hut
Aufgrund gegebener Umstände ...
Teil 1: Single-Drills (Schritt- und Laufübungen, Stich aus der 6. Hut)
Teil 2: Paarübungen mit schrittweise Erweiterung
1) Stich aus der 6. Hut gegen Halbschild
2) Erweiterung mit Überbindung durch Halbschildmann und "Akzeptieren" aus der 6. Hut
3) Erweiterung mit "der Gebundene flieht, du sollst ihm folgen" mit Schildschlag des Halbschildmannes
Trivia: aktueller Anwesenheitsrekord von 5 Teilnehmern!!!
Zitat von: Conscript in März 14, 2013, 14:08:33 NACHMITTAGS
[...]
6. Hut gegen Halbschild
17r oben: Ausgangsposition 6. Hut vs. Halbschild
17r unten: erfolgreicher Stich des Priesters aus der 6. Hut
17v oben: Stich des Priesters aus der 6. Hut, aber Schüler verteidigt durch Anbinden
18r oben: nach dem Stich aus der 6. Hut hat der Schüler angebunden und der Priester wechselt ins "Akzeptieren"
18r unten: der Schüler kommt mittels Schildschlag zum Treffer
[...]
Das Spiel der 6. ist nochmals ganz nett im Poster von Roland Warzecha (http://www.freelanceacademypress.com/SwordandBucklerPoster.aspx) als Ablaufplan dargestellt:
(http://1.1.1.1/bmi/www.freelanceacademypress.com/images/products/display/BucklerPoster1.jpg)
(http://www.freelanceacademypress.com/images/products/detail/BucklerPoster1.jpg)
[edit] Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken. [/edit]
Dabei sind ab (3b) noch die Folgetechniken zum Konter des Schildschlages erwähnt.
Schöne Grüße:
Gerd
(http://1.1.1.4/bmi/foolstown.com/sm/duel.gif)
Danke für die Abbildung Gerd! :-*
Scheint euch mal bei Gelegenheit meine Bemerkungen in den Klammern in Antwort #3 an. Ich hab jetzt nochmal reingeschaut und irgendwie werde ich nicht schlauer.
Traningseinheit vom 2.04.2013:
aktuelles Hauptthema: Fechtschulvorbereitung
Teil 1: Paarübung der vier Bindungen an den Langort (rechtes und linkes Überbinden & rechtes und linkes Unterbinden)
Teil 2: Sparring
Trivia: Es fanden die Regenyei-Federn erste Verwendung. Sie ermöglichen ein sehr schönes und sicheres Fechten. Zum Glück haben wir ins für die stärkere Variante entschieden, da die Bindungsarbeit in der Schwäche noch ganz gut funktioniert.
Freut mich zu hören. Mit "über- und unterbinden" meinst du das anbinden "oben" und "unten" (was man ggf. irgendwann als "überlegen" und "unterlegen" übersetzen sollte, aber an der Stelle sind wir noch nicht), richtig? Wir haben es mit der Terminologie immer so gehandhabt, dass "anbinden" dem lateinischen "ligare" entspricht und das Herstellen der Bindung ohne weiteres Bewegungselement bezeichnet. "Überbinden" ("religare") dagegen ist das bewusste Zurseitedrücken der gegnerischen Klinge, um das Zentrum für die eigenen Waffen freizuräumen. Bisher war dieser Unterschied, den Dieter Bachmann bei seiner Übersetzung nicht so klar herausgearbeitet hat (aber die sollte damals eben auch erstmal ohne interpretatorische Hintergedanken erfolgen), auch in der Handschrift bzw. im Originaltext so zu finden; und Jeffrey Forgeng hat sich auch daran gehalten.
Deine vorgeschlagene Unterscheidung in der deutschen Übersetzung von ligare und religare macht definitiv Sinn. Ohne jetzt große Kenntnis des Lateinischen zu haben, aber würde sich nicht auch die Unterscheidung zwischen aktiven Anbinden und einem passivem Gebundenwerden anbieten (ligare = jmd. binden + re-ligare = "zurück-binden"? Aber das scheint auch weniger zu den beschriebenen Techniken zu passen als deine Variante.
Mit unterer und oberer Bindung ist bei der erwähnten Übing die Position beider Klingen zueinander gemeint. Das rechte und linke Überbinden entspricht deinen Ausführungen und meint Anbinden (ligare) an den Langort z.B. im Halbschild und dan Überbinden (religare) mit Schildschlag (wenn nach rechts überbunden) oder Nucken (wenn nach links überbunden). Unterbinden meint, dass die Bedrohung durch die gegnerische Klinge nicht durch "nach unten drücken" sondern "nach oben wegschieben" beseitigt wird. Im konkreten Falle diese Woche ging es um unteres Anbinden an den Langort (dieser wird nach oben rechts bzw. links verdrückt) und ein daraus folgendes Einlaufen mit dem Ergreifen der Arme mit der Schwert- oder Schildhand. Ich habe es im darauffolgenden Freifechten sogar einmal relativ sauber hinbekommen, aber Micha hat den Braten gerochen, seinen Buckler fallen lassen und meine hintere Blöße erwischt.
Na hoffentlich geht's deiner hinteren Blöße gut. :P Mit den ganzen Langortsachen habe ich mich in den letzten zwei Jahren noch gar nicht wieder befasst, wir sind beim Überarbeiten derzeit im zweiten Quaternum, es wird sich also alles noch ein wenig hinziehen... und wenn alles überarbeitet ist, kann man sich vielleicht ein interpretatorisches Bild machen (zumindest warte ich dann auf die Erleuchtung). Ich bin aber mit den bisherigen Technikkomplexen (Stich aus sechster Hut plus Spiel, Falle-unter-Schwert-und-Schild plus ähnliches Spiel, Schützen gegen zweite Hut, Schützen gegen dritte und vierte Hut – obwohl ich die nur aus der Soloübung von Roland kenne – und ein bisschen Krucke & Fiedelbogen) ganz gut zurechtgekommen. Außerdem kann man da immer noch verbessern; nach zwei Wochen Trainingspause sieht mein Anbinden aus der ersten Hut auch schon wieder schlampiger aus. Die Fokussierung aufs Zentrum, saubere Beinarbeit und vorgelehnte Haltung sind Dinge, die man immer wieder präsent machen muss, da sie sonst nachlassen. Das Herumreiten auf den Grundlagen ist so ein schwammiges Topos, aber da wir so langsam die Grundlagen des I.33'schen Bucklerfechtens kennen, können wir das wenigstens einigermaßen passend ausfüllen.
Ich habe gestern erst wieder einen Artikeltitel von Tom Leoni zum Rapierfechten gelesen, den ich sehr schön fand:
ZitatThe Importance of Fundamentals in Italian Rapier By Tommaso Leoni. (27-April-09)
OK, so you are a student of the Italian rapier. Tell me honestly. How many lunges do you do every week?
Gut, dass du es erwähnst. Wir hatten diese Woche auch Probleme mit dem oberen Schützen vs. 2. Hut (bzw. Halbschild in der Binding) und wären über eine Erleuchtung oder Hilfmaterialien wirklich dankbar. Probleme waren a) vermutlich falsche Bucklerhaltung im Schützen, da mit einem starken Hieb die Hand erreicht werden konnte und b) fehlerhaften Durchtreten, da im Halbschild bessere Treffer möglich waren als im Schützen. Der Stichschlag aus dem Schützen war komplett entfallen. Wie genau hat man sich diesen aus dem Schützen denn vorzustellen (ausgehend von der Situation bei 19r unten)?
Zu diesem Technikkomplex hatten wir letztens eine ganz brauchbare Hierarchisierung, die ich den beiden Rolands mal zur Diskussion unterbreitet habe...Weiteres gibt's dann vermutlich erst zu den zweiten BBBs. Falls wir uns zuvor nochmal treffen sollten, kann ich das mal vortanzen, erklären lässt es sich schwierig, vor allem die Aktion mit dem Erreichen der beiden Arme, für die Roland Fuhrmann eine schicke Interpretation vorgelegt hat.
Aber mal die Gretchenfrage, auch wenn ihr natürlich trainieren und forschen könnt, wie ihr wollt: Wie oft und intensiv habt ihr diese Stichaktion samt Spiel aus erster und sechster Hut bei euch geübt? Wir schlagen uns seit 2011 damit herum und würden noch nicht sagen, dass wir sie ad acta legen sollten, vor allem in Bezug auf die Ringstücke darin. Wenn es gut läuft, können wir sämtliche Aktionen für einen Fechter auf einer Bahn Lektion durchziehen und rückzu kann er die andere Rolle übernehmen (entweder die im Spiel oder die des Lehrers), das ist mein Ziel für das fortgeschrittene Stadium: Alle Stücke notfalls in komprimierter Form per Lektion durchzugehen. Erfahrungsgemäß kommt man aber nicht so weit, weil man immer irgendwelche Baustellen findet. Warum hole ich so weit aus? Weil ich dieses ständige Trainieren nicht hoch genug bewerten kann und sich viele Probleme bei Neuinterpretationen gar nicht mehr im üblichen Sinne stellen, wenn man sich an bestimmten Sachen schon sehr weit abgearbeitet hat. Wir kommen also völlig mit der ersten Hälfte des Buches klar. ;)
Ich verstehe worauf du hinaus willst. Es ist keineswegs so, dass wir jetzt irgendwie in Hinblick auf die Fechtschul noch so schnell wie es geht ein Spiel nach dem anderen durchpauken. :P
Zitat von: Cornelius in April 04, 2013, 23:40:09 NACHMITTAGSAber mal die Gretchenfrage, auch wenn ihr natürlich trainieren und forschen könnt, wie ihr wollt: Wie oft und intensiv habt ihr diese Stichaktion samt Spiel aus erster und sechster Hut bei euch geübt?
Als wir mit dem Bucklerfechten anfingen haben wir mit der 1. Hut begonnen. Also erstmal aufgrund mangelnder Kenntnis den Anfang des Buches. Im Nachhinein erwies sich der Beginn mit dem 1. Spiel aber auch als guter Einstieg, da hier ja viele elementare Aktionen behandelt werden, die zentral für das ganze System sind. Die 1. Hut war solange zentraler Trainingsgegenstand bis du uns mit deinen schönen Wochenend-Lektionen den frischen Wind der 6. Hut ins Training gebracht hast, die wir seit dem fleißig lektionieren. Unser bisheriger inhaltlicher Fokus liegt also wie eurer auch auf der 1. und der 6. Hut.
Vielleicht drei Sachen zu den möglichen Erweiterungen:
1. Da wir uns hier relativ einig waren, dass das Manuskript keinen wirklich didaktischen Aufbau hat, gehen wir es auch nicht schrittweise durch, da der rote Faden sich so leicht finden lässt, wie der Passierschein A38 bei Asterix & Obelix. Die erste Hälfte des Buches ist natürlich an sich schon ein ganzer Brocken, aber wir gehen das Buch eher nach uns gerade interessierenden Themenbereich durch. Wenn man sich mit einer bestimmten Technik/Hut beschäftigt ist es m.E. sinnvoller, sich deren Verwendung im gesamten Manuskript anzuschauen, wenn möglich. Auch der Langort/die 7. Hut als "Kern der Fechtkunst" (I.33, 1v) wird erst ausgiebig im 3. und 4. Quaternum des Buches abgehandelt.
2. Das von mir angedachte Betrachten der 5. Hut befindet sich derzeit nicht in der tatsächlichen Trainingspraxis und basiert vor allem auf der Annahme, dass die basalen Abläufe der beiden Huten sehr ähnlich sind und sich dadurch die bereits vorhandenen Lektionen und Trainingsabläufe nicht sonderlich ändern werden. Die 6. Hut wird ja im Manuskript kaum behandelt und letztlich wird nur auf die Techniken aus der 5. Hut verwiesen (17r).
3. Das Schützen war kein bewusster inhaltlicher Trainingspunkt, sondern kam beim Sparring zu Sprache. Das elementare am Schützen ist ja, dass er als obessio gegen die 2. Hut zumindest beim Freifechten eine wichtige Rolle einnimt, denn meistens machen wir die Selbst- und Fremdbeobachtung, dass die 2. Hut respektive das Halbschild die am häufigsten eingenommen Ausgangshuten für weitere Folgeaktionen sind, weshalb es sinnvoll ist, sich entsprechenden die Kontermöglichkeiten anzuschauen.
Zitat von: Conscript in März 14, 2013, 14:08:33 NACHMITTAGS5. Hut gegen Halbschild
28r unten: erneut Ausgangsposition 5. Hut vs. Halbschild
28v oben: erfolgreicher Stich des Schülers aus der 5. Hut
28v unten: Stich des Schülers aus der 5. Hut, aber Priester wehrt ab (aus dieser Abb. werde ich irgendwie nicht schlau, vermutest du hier den Rollenwechsel?)
Was ich da eher vermute (und eigentlich nicht sagen will, weil es gleich wieder die Quelle infrage stellt), ist, dass die Texte dazu nicht stimmen. Der Fall eines trennenden Hiebes wird zuvor angesprochen und die drei Abbildungen passen auch dazu. Der Hieb trennt die Waffen (sieht aber eben auch aus wie ein Stich, da man nicht sieht, ob die Klinge des Schülers zwischen den Waffen oder hinter der Klinge des Priesters liegt) und die linke Überbindung, wenn auch nicht das Schönste für einen Rechtshänder, wäre eine brauchbare Gegentechnik.
Zitat29r oben: Stich des Schülers aus der 5. Hut, aber Priester verteidigt durch Anbinden und kommt mittels Schildschlag zum Treffer
Die explizite Erwähnung, dass im dritten (wohl eher zweiten) Bild vorher der Stich gezeigt wurde, der hier per Überbindung plus Schildschlag vereitelt wird, lässt auch irgendwie vermuten, dass die zwei Bilder (bzw. das eine) zuvor nicht dazu passen. Aber das ist auch mir selbst noch zu vage. Der eigentliche Konter gegen einen trennenden Hieb von oben ist ja ein Drehen der gesamten Halbschildeinheit, wie zuvor im zweiten Quaternum beschrieben.
Edit: Ach Mist, der Schüler hat ja die Arme zum Stich verdreht. Puh...da brauche ich nochmal eine Meditation drüber.
Zitat
5. Hut gegen Priester-Hut
29r unten: Ausgangsposition 5. Hut gegen Priester-Hut (Textverweis: Wechselt der Schüler ins Halbschild folgen die Aktionen entsprechend der 1. Hut: Halbschild = Unter-Schwert-und-Schild-fallen)
29v oben: erfolgreicher Stich des Schülers aus der 5. Hut gegen den untätigen Priester
29v unten: Stich des Schülers aus der 5. Hut, aber Priester kontert mit Stich (auch diese Folie wirkt seltsam, Warum zeigt der Ort des Schülers nach oben? Ist dieses Aktion nicht von Nachteil für den Priester, da der Schüler überbinden und schlagen kann?)
So verdreht, wie der Schüler die Hände hat, kann er nicht viel nach rechts überbinden, zumindest nicht ohne den Schild wieder zurückzubewegen. Hm...falls der Text stimmt, könnte die hohe Klinge die unvollständige Stichaktion des Schülers illustrieren, wenn auch sicherlich mithilfe einer unlogischen Position. Da bin ich derzeit wohl auch nicht schlauer als du. Vielleicht erhellt es sich aus dem Rest des Buches. :-\
Jetzt weiß ich wo bei 28v mein Fehler lag. Ich dachte, das Bild zeigt eine rechte Bindung (entsprechend der 6. Hut), womit mit das linke Überbinden völlig deplatziert vorkam. So ist es zumindest ein sinnvoller Konter. Mich verwirrt hier als auch bei 29v, dass der Buckler auf der rechten Seite und damit über Kreuz geführt wird, ausgehend von der Anfangsposition der 5. Hut. ??? Naja ... mal sehen.
Die linke Überbindung wäre ein guter Konter, wenn die dargestellte Aktion wirklich ein die Waffen trennender Hieb aus der fünften hut (via die zweite oder dgl.) wäre. Da die Arme aber zum Stich verdreht sind (so endest du ja auch beim Stich aus der sechsten Hut (https://fbcdn-sphotos-b-a.akamaihd.net/hphotos-ak-ash4/408736_297156610417873_1570085517_n.jpg), oder übersehe ich hier gerade etwas?), kann die Hiebtheorie wenigstens zunächst nicht gehalten werden. Wir sind also immer noch verwirrt.
Da die (total tolle!!!) Fechtschul mittlerweile hinter uns liegt und das Dienstagstraining durch das Hochwasser eh eine Zwangspause einlegen muss, würde mich interessieren, wo wir demnächst inhaltlich ansetzen wollen.
Mein Vorschlag wäre, dass wir mal wieder die 1. Hut aufrischen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte man sich dann auch mal genauer mit 1. Hut vs. 4. Hut (15r) sowie 1. Hut vs Langort (16r, 16v) beschäftigen. Vor allem da die Gruppe etwas Zuwachs erfährt, halte ich die Spiele der 1. Hut für grundlegend, um bestimmte Basics des Systems zu verstehen. Außerdem hatte in letzter Zeit die 6. Hut viel Platz und die 1. Hut liegt entsprechend weit zurück.
Da wir es heute kurz beim Training besprochen habe, hier die Frage an alle Interessierten, aber vor allem an die Bucklerfreunde aus Chemnitz:
Auf 1v steht zu den sieben Huten:
Tres sunt que preeunt relique tunc fugiunt
Hec septem partes ducuntur per generales (...)
Es sind drei, die 'vor' gehen, die übrigen kommen 'nach'.
Diese sieben Teile werden (auch) von den Gemeinen ausgeführt (...)
Frage: Welche drei Huten gehören ins "Vor" und im Umkehrschluss welche anderen ins "Nach"?
Michas Hypothese, die von den anderen geteilit wurde, ist, dass die drei oberen Huten -- zweite, dritte und vierte Hut -- jene sind, die "vor gehen", da sie kein Problem mit dem Alberleiben haben, also (obere) Blößen direkt im Vor erreichen können. Die anderen -- erste, fünfte, sechste und siebte Hut/Langort -- sind die vier, die "nach kommen".
Ihr seid dran. ;D
Eine klare Interpretation habe ich dazu nicht, tendiere aber auch dazu, "preeunt" als offensives Element zu deuten, während "fugiunt" (also "fliehen") wenn dann indirekt bedroht. Allerdings...was machen wir mit dem Stich aus der sechsten Hut? Es gibt nicht viele offensivere Huten, die zudem auch obere Blößen angreifen; und streng genommen braucht der Angriff auch keine vorbereitende oder unterstützende Bindung. Wenn man einen Schirmschlag als Bedeutungsträger einbezieht, könnte man das darauf abstellen, denn das geht aus der ersten Hut schwierig, die die einzige andere Hut wäre, aus der ohne großen Tempoverlust zu schlagen wäre (im Gegensatz zur fünften). Aber da brauchen wir so viele Unterstützungstheorien, dass es mir Bauchschmerzen bereitet.
Irgendwie kann ich dem zweiten Teil deines Beitrags nicht so richtig folgen. Was hat der Schirmschlag damit zutun?
Die sechste kommt doch nur einmal vor (17r) und das gegen Halbschild mit dem Verweis, dass alle Aktionen aus den Spielen der fünften Hut folgen. Im Spiel der fünften wird auf die Aktionen gegen Halbschild aus der ersten Hut verwiesen. Der in der fünften und sechsten angeratene Stich gegen das Halbschild bzw. das Unter-Schwer-und-Schild-Fallen der ersten Hut sind doch Aktionen gegen den Versatz "Halbschild" und damit im Nach.
Siehe
1. Hut vs. Halbschild, 2r: "Ich erteile den guten Rat, dass der (mit der Hut) unter dem Arm gar keinen Schlag führe, was sich empfiehlt aus dem Albersleiben, aus dem Grund, dass er den oberen Teil nicht erreichen kann, den unteren Teil (zu erreichen) wäre dem Kopf verderblich. Aber der Versetzer kann ihn angreifend jederzeit erreichen, wenn er es unterlässt dass er zurückgehalten wird, (...)"
6. Hut vs. Halbschild, 17r: "Hier führt der Priester die sechste Hut, die der Brust zugeteilt ist, und merke, dass einzig dieser Stich zu führen ist, der aus der fünften Hut geführt wird, bis zum nächsten Kreuzzeichen."
5. Hut vs. Halbschild I, 27v: "Hier wird die fünfte Hut versetzt, deren Versatz Halbschild sein wird. Und merke, dass der, der die Hut einnimmt nur zwei Dinge tun kann: Erstens kann er einen Stich ausführen, zweitens kann er einen Schlag zur Trennung von Schwert und Schild ausführen."
5. Hut vs. Halbschild II, 29r: "Wenn aber der Schüler ihn mittels Halbschild versetzt, soll der Priester unter Schwert und Schild fallen, und dann kommen die Dinge, die vorher bei der ersten Hut gesehen wurden. Daher der Vers, wenn Halbschild geführt wird, falle unter Schwert und auch Schild."
Die erste Hut ist die einzige Hut aus der ohne Tempoverlust zu schlagen ist? Das widerspricht doch dem Anraten aus 2r, dass man aus der 1. Hut gar keinen Hieb führen soll. Das geht doch aus den drei oberen (2,3,4) auch bzw. m.E. sogar besser, oder?
Wo siehst du da zu viele Unterstützungstheorien?
Für mich wirkt die erste Hut (rein subjektiv) immer sehr nachteilig. Im Freifechten ist Halbschild und Überbinden ja fast schon ein Reflex, wenn der Gegner die 1. Hut einnimmt. Natürlich kann es sein, dass ich bei einem unvorbereitenden Angriff aus dieser Position ein Gefecht beginnen muss (da hier die Waffen getragen werden), aber wo liegen für dich die Gründe diese Hut auch in einem bewussten Gefecht wieder (bewust) einzunehmen?
Ich weiß nicht, warum z.B. eine sechste Hut ein Problem mit dem Albersleiben (was verstehst du darunter konkret?) haben sollte, denn sie führt ja auch einen Angriff, bei dem die Waffe die ganze Zeit oben bleibt. Wenn die drei vorgehenden Huten also tatsächlich Nummern zwei bis vier sind, könnte es evtl. damit zusammenhängen, dass es Schirmschläge sind, die also gleichzeitig bedrohen und Angriffslinien schließen können, was beim Stich schwieriger wäre. Die Hiebe aus erster und fünfter Hut können das so richtig nicht; letzterer hat sogar ein sehr langes Tempo, was nur bedingt zum "Vorgehen" passt... Verkürzt gesagt sehe ich das Problem, dass ich die drei Hiebe nicht von sich aus derart gesondert finde, als dass sich eine Zuordnung zu den drei Huten qui preeunt aufdrängte (vor allem wegen des Stiches aus der sechsten, der eindeutig vor geht). Wenn ich versuche, ihre Besonderheiten herauszustellen, brauche ich zu viele Stützthesen, als dass der gute Wilhelm von Ockham da mitmachen würde.
Das Unter-Schwert-und-Schild-Fallen (hier bei 1:40 übrigens abartig lässig ausgeführt: https://www.facebook.com/photo.php?v=1460328364193641) ist gar nicht so ohne. Die Klinge kommt ja von oben, also kann der Halbschildfechter wirklich erst beim Kontakt mit der Überbindung beginnen. In dem Moment ist er aber am verwundbarsten; ein schneller Stichschlag, der rechtzeitig den Ort hinter der Halbschildklinge auf Kurs bringt, ist da mitunter schnell drin. Natürlich kann die Überbindung kommen, aber dagegen hat man ja auch Mittel und Methode.
Zitat von: Cornelius in November 20, 2013, 18:52:58 NACHMITTAGSVerkürzt gesagt sehe ich das Problem, dass ich die drei Hiebe nicht von sich aus derart gesondert finde, als dass sich eine Zuordnung zu den drei Huten qui preeunt aufdrängte (vor allem wegen des Stiches aus der sechsten, der eindeutig vor geht). Wenn ich versuche, ihre Besonderheiten herauszustellen, brauche ich zu viele Stützthesen, als dass der gute Wilhelm von Ockham da mitmachen würde.
Achso, nun hab ich es geschnallt. Damit gehe ich d'accord!
Das Video habe ich gestern schon geguckt. 8) Aber das Unter-Schwert-und-Schild-Fallen sieht man bei 1:40 tatsächlich sehr schön. Auch wie die erste Hut aus der neutralen Haltung in weiter Mensur nur schnell passiert wird ist ausgezeichnet.