Dresden spielt!

Gruppen => Schwertspiel Dresden => Thema gestartet von: Tom in Juli 31, 2011, 22:08:14 NACHMITTAGS

Titel: Schwertphysik
Beitrag von: Tom in Juli 31, 2011, 22:08:14 NACHMITTAGS
Hallo Dresdner Schwertspieler.

bei der Konstruktion einer Klinge für ein Langschwert stellen sich mir einige Fragen:

- an welchen Stellen bricht eine Klinge "gern"
- bei welchen Belastungsarten bricht sie
- wo sollten die Schwingungsknoten eurer Meinung nach liegen
- für welchen Zweck sollte ein Langschwert ausgelegt werden (Schnitte, Hiebe...)

Für das Optimieren der Klinge kann ich Schwingungsformen und Spannungen bei statischen/dynamischen Belastungen berechnen. Habt ihr möglicherweise Literaturempfehlungen, welche die angesprochenen Punkte näher beleuchten? Das 2. Bild zeigt eine Deteilberechnung des Angelansatzes bei einer Biegebelastung und das 3. Bild zeigt die erste Eigenschwingung.

Ich freue mich auf eure Meinungen!

Herzliche Grüße nach Dresden
Tom

(http://www.ib-guder.de/02.png)

(http://www.ib-guder.de/fem01.png)

(http://www.ib-guder.de/freq01.png)
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Vidon in August 01, 2011, 07:45:28 VORMITTAG
Also Klinge habe ich noch keine Brechen sehen, aber ich vermute, es wird recht nahe am Heft sein, da es dort am wenigsten flexibel ist. Und natürlich wenn irgendwelche beschädigungen vorhanden sind. Ansonsten, bei zu starker Biegebeanspruchung.

Ausgelegt sollte ein langschwert sowohl für Hiebe als auch Schnitte sein, als auch für Stiche, sagt man ja schließlich: "die drei Wunder"...Hieb, Schnitt und Stich. Und es gibt für alle drei Dinge Techniken, die meisten kombinieren sogar.

Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: ElPATE in August 01, 2011, 09:56:34 VORMITTAG
Hallo Tom!

Über die konkrete "Brechneigung" eines Schwertes kann ich dir mangels Erfahrung darüber nichts sagen. Wahrscheinlich hängt das von der Konzeption eines Schwerts genauso wie vom Schmieden an sich und dem verwendeten Material ab. Ich weiß aber, dass eine normale Klinge im Gebrauch eigentlich nur bricht, wenn sie schon vorgeschädigt ist, und das wird mit größerer Wahrscheinlichkeit in der Mitte oder der Spitze der Klinge passieren.

Bezüglich der Auslegung des Schwert kann ich dir sehr detalliert sagen: Hängt ganz davon ab ;-) Es gibt etliche Sonderformen und eigentlich gleicht kein Schwert dem anderen. Vom Panzerstecher bis zum hieblastigen Sattelbaumschwert ist da alles dabei.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Captain in August 01, 2011, 11:16:57 VORMITTAG
Ich hab bisher in ca 6 Jahren nur ein einziges Mal ne Klinge brechen sehen und da würde ich eher von ner Stahlleiste sprechen als von ner Klinge. Dort war der Ansazupunkt des Hefts, direkt über dem Parier der Punkt an dems auseinander ging. Aber wie gesagt: Stanzblech mit Heft. Und massiv schartig wars auch schon.

Und was die Auslegung angeht, seh ich das genau wie die anderesn auch schon. So ein Schwert ist verdammt vielseitig. Ich kann mir keine andere explizite Nahkampfwaffe vorstellen, die noch vielseitiger wäre.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 01, 2011, 12:24:34 NACHMITTAGS
Die Angel ist meines Erachtens ein mit besonderem Augenmerk zu konstruierendes Detail, da sich dort der Klingenquerschnitt (definiere: Klinge ist das Stück Stahl vom Ort bis zur Knaufniete (o.Ä.)) besonders drastisch ändert und bei Biegebelastung Spannungsspitzen entstehen. Dass beträchtliche Kerbspannungen bei beschädigter Klinge auftreten ist ein wichtiges Detail und wirft weitere Fragen bezüglich der Schneidengeometrie, der Materialwahl und Wärmebehandlung auf.

Ich präzisiere meine Frage bezüglich der Auslegung: Welche Anwendungen bevorzugt der heutige Schwertkämpfer (und auch Schnitttester)? Ich verfolge die Debatten über die Verwendung neuartiger Kunstoffwaster im Training und frage mich, ob der Gebrauch von Stahlwaffen eher rückläufig ist. Gibt es evt. Anwendungen bei denen es besonders wichtig ist, gut ausgewogene Stahlwaffen zu benutzen?

Viele Grüße
Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Captain in August 01, 2011, 13:19:05 NACHMITTAGS
Die Kunststoffwaster verwenden wir im Training wegen einiger spezifischer Vorteile: deutlich breitere Kante (weniger Schutzausstattung nötig), biegt sich durch (in gewisser Weise Stichfähig), preisgünstig zu bekommen (daher für Einsteiger eine gute Wahl). Man kann die Dinger aber ganz sicher nicht für Schnittests gebrauchen.
Was bei uns durch die Nylons praktisch vollkommen ersetzt worden ist sind die Holzschwerter. Und ich könnte mir vorstellen, daß sie einen Einfluß auf den Kauf von Fechtfedern haben könnten, weil man stichlastiges Training jetzt nichtmehr ausschließlich mit den Federn trainieren muß. Auf Stahlschwerter, egal ob scharf oder als Schaukampfausführung, kann ich mir keine nennenswerte Veränderung des Kaufwillens vorstellen.

Mir persönlich ist mein Stahlschwert wichtig und ich habe viel Augenmerk auf die Balance. Mein Gerät ist ca 1300g leicht und hat nen Schwerpunkt gerade mal knapp 2 Fingerbreit über dem Parier. Es hat dabei einen rautenförmigen Klingenquerschnitt (macht sie recht biegesteif) ohne Hohlkehlung.
Die Balance ist von großem Vorteil bei allen Technik Drills und auch im Freikampf (für die Präzision). Die Biegesteifigkeit kommt der Arbeit im Winden zu Gute.

Hilft die das?
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Dominic in August 01, 2011, 17:22:36 NACHMITTAGS
Zitat von: Tom in August 01, 2011, 12:24:34 NACHMITTAGS
Ich präzisiere meine Frage bezüglich der Auslegung: Welche Anwendungen bevorzugt der heutige Schwertkämpfer (und auch Schnitttester)? Ich verfolge die Debatten über die Verwendung neuartiger Kunstoffwaster im Training und frage mich, ob der Gebrauch von Stahlwaffen eher rückläufig ist. Gibt es evt. Anwendungen bei denen es besonders wichtig ist, gut ausgewogene Stahlwaffen zu benutzen?
Ganz konkret: Die Fechtfeder 2.0 von swords and more (http://www.swords-and-more.com/shop1/product_info.php/cPath/69_185/products_id/2855) ist vom Handling und Gefühl immernoch besser als die Waster. Aber die Waster sind billiger. Eine gut ausgewogene Stahlwaffe, mit der man auch stechen kann (eben eine Fechtfeder) ist das beste Trainingsgerät.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 01, 2011, 19:25:09 NACHMITTAGS
sQeedys Aussage entnehme ich, dass dem am professionellen Schwertkampf gelegenen Sportler eine Feder eher behagt und eine Stahlwaffe im herkömmlichen Sinne (voll ausgebildete Schwertklinge mit breiterer Schlagkante) für das Training eher ungeeignet ist.

Die einzigen Personen denen ein "normales" Schwert noch nutzt, sind dann nur: "Sammler, Schnitttester und Schaukämpfer"?



Viele Grüße
Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Aardjon in August 02, 2011, 07:18:16 VORMITTAG
Zitat von: Tom in August 01, 2011, 19:25:09 NACHMITTAGS
Die einzigen Personen denen ein "normales" Schwert noch nutzt, sind dann nur: "Sammler, Schnitttester und Schaukämpfer"?
Würd' ich so nicht sagen. Gerade grundlegende Bewegungsabläufe und auch einfache Partnerübungen kann man durchaus sehr gut mit Schaukampfschwertern üben, genauso wie das Winden am Schwert (dann muss man allerdings Einschränkungen beim Stechen hinnehmen). Das höhere Gewicht gegenüber Holz- und Plastikschwertern kann dabei auch vorteilhaft sein (was den Trainingseffekt angeht).

Weiterhin kann man auch mit Stahlschwertern kämpfen wenn man entsprechende Schutzausrüstung benutzt, seine Waffe gut unter Kontrolle hat bzw. nur Halbkontakt kämpft. Es gibt auch nicht wenig Leute die das tun (nur bei uns im Verein wird's nicht gemacht weil die meisten nur Vollkontakt kämpfen). Ein echtes Stahlschwert (also keine Feder) ist IMHO der beste (wenn auch nicht unbedingt "sicherste") Schwert"simulator" :)

Eine Stahlklinge hab ich noch nie brechen sehen, aber die Holzschwerter brachen immer vorzugsweise etwa in der Mitte (ist hier letzte Woche erst wieder passiert)... keine Ahnung ob man das irgendwie übertragen kann ::)



Und noch eine OT-Kleinigkeit:
Zitat von: Captain in August 01, 2011, 13:19:05 NACHMITTAGS
Die Kunststoffwaster verwenden wir im Training wegen einiger spezifischer Vorteile: deutlich breitere Kante (weniger Schutzausstattung nötig),
Deutlich breitere Kante als was eigentlich? Ich hab mir mal Rosas Plastikschwert genauer angeschaut, da ist die Schlagkante nicht wirklich breiter als die meines Stahlschwertes (es mag aber vielleicht unterschiedliche Waffen geben). Die Schneide ist im Profil so halbrund ausgeführt, wodurch die eigentliche Aufschlagfläche relativ schmal wird. Der "Sicherheitsgewinn" bzw. die geringere Schlagenergie resultiert meiner Meinung nach in erster Linie aus dem geringeren Gewicht der Waffe, was man aber durch entsprechend hartes Zuschlagen ein Stück weit ausgleichen kann *g* ^^
Dass man weniger Schutzausrüstung benötigt als vor Einführung der Plastikschwerter kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen. Sieht man ja auch daran dass die meisten trotz Plastikschwert massiv in ihre Schutzausrüstung investieren (müssen)...
Auf jeden Fall fühlt sich ein Treffer von einem Plastikschwert ähnlich an wie einer mit einem Stahlschwert. Treffer mit Holz- oder den alten Polsterwaffen waren (soweit ich mich erinnern kann) damals wesentlich angenehmer (vor allem mit weniger Schutzkleidung).

Aber sorry für's OT...

LG,
Thomas
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Captain in August 02, 2011, 07:48:35 VORMITTAG
Zitat von: Tom in August 01, 2011, 19:25:09 NACHMITTAGSsQeedys Aussage entnehme ich, dass dem am professionellen Schwertkampf gelegenen Sportler eine Feder eher behagt und eine Stahlwaffe im herkömmlichen Sinne
Da haste ihn aber ganz schön seltsam interpretiert. Er hat Fechtfeder mit Nylon Waster verglichen. Da eine Ablehnung von normalen Stahlschwertern rauszulesen halte ich für gewagt.

Zitat von: Aardjon in August 02, 2011, 07:18:16 VORMITTAG
Zitat von: Captain in August 01, 2011, 13:19:05 NACHMITTAGS
Die Kunststoffwaster verwenden wir im Training wegen einiger spezifischer Vorteile: deutlich breitere Kante (weniger Schutzausstattung nötig),
Deutlich breitere Kante als was eigentlich?
Breiter als die eines Stahlschwerts in Schaukampfausführung. Die Nylons sind etwa nen Zentimeter dick und nicht nur 2-3mm. Auch wenn da ne Rundung da ist. Die Rundung macht nur den allerersten Moment aus. Aber wir schlagen ja nicht auf knochenharte Ziele sindern welche deren Oberfläche ein Stück nachgibt. Und da kommt dann die Breite durchaus zur Geltung. Hart sind die Dinger natürlich beide und vom Impact her mit Schaumstoff nicht im mindesten zu vergleichen.
Mit nem Nylon reicht mir jedenfalls dünnere Schutzausstattung ganz gut, während ich beim Stahl wirklich gute Polster brauche, wenn ich mir blaue Flecke möglichst sparen will. Ich bekomm den Unterschied schon sehr gut mit.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 02, 2011, 10:02:49 VORMITTAG
Um wieder etwas auf meine ursprüngliche Fadenintentionen zurückzukommen, eine weitere Frage:
Kennt ihr Überlieferungen von Klingenbrüchen (historischer seits und abgesehen von <spass>Narsil</spass beiseite>)?

Viele Grüße
Tom

Achso und Thomas: vermutlich ist die Geometrie eines Holzschwertes (und auch das Materialverhalten) nur bedingt vergleichbar mit der von Stahlwaffen. Nun kam jedoch abermals der Hinweis, dass eine Klinge mittig bricht. Das ist ein Anhaltspunkt für mich.
Titel: -
Beitrag von: Tom in August 02, 2011, 17:20:20 NACHMITTAGS
@ ElPATE:

welche "Auslegung" würdest Du konkret für das Fechten mit dem langen Schwert präferieren? Vermutlich so ein Mittelding zwischen Hieblastig und ...? Wahrscheinlich kein Panzerstecher?

Viele Grüße
Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: ElPATE in August 02, 2011, 18:47:23 NACHMITTAGS
Hallo Tom!

Ich persönlich würde wohl eher ein weit hinten balanciertes, stichlastiges Schwert bevorzugen. Das ist aber meine persönliche Ansicht hinsichtlich der Optimierung auf meinem Kampfstil.
Im Übrigen waren im ausgehenden Mittelalter durchaus verschiedene Klingen beim selben Meister in Verwendung - ausgewählt wurde abhängig vom konkreten Zweck.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Dominic in August 03, 2011, 11:09:49 VORMITTAG
Hey Tom,

nur zu meinem Verständnis: Was genau willst du am Ende als Produkt haben? Einen perfekten Schwertsimulator für's Fechttraining oder ein modernisiertes, voll funktionsfähiges Langschwert?
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 03, 2011, 11:41:49 VORMITTAG
Hallo sQueedy,

ich würde mehrere Varianten nicht ausschließen. Ich möchte ein Langschwert für das Training mit stumpfer Kante und (trotzdem) guter Balance und ein funktionales (voll funktionsfähiges) Schwert konstruieren.

Viele Grüße
Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Captain in August 03, 2011, 13:06:56 NACHMITTAGS
Okay, in dieser Beschreibung erkenne ich wieder, was es als Schaukampfschwerter bereits gibt. Aber ich vermute mal, stichfähig soll das bestimmt auch werden, richtig?
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 03, 2011, 13:59:34 NACHMITTAGS
@Captain

Wenn mit der Trainingsvariante meiner Konstruktion das Stechen gefahrreduziert möglich sein soll, wäre das eine +Punkt für das Produkt.

Insgesamt wurde das Stechen mehrfach schon erwähnt (das ist für mich nun ein wichtiger Aspekt). Eine Trainingswaffe die stechen kann und auch noch das äußere Erscheinen eines schickes Schwert besitzt, wäre sicherlich auch eine Alternative zur Fechtfeder. Ich glaube so etwas in diese Richtung gab es mal von Hanwei.

Gruß
Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Captain in August 03, 2011, 14:45:31 NACHMITTAGS
Zitat von: Tom in August 03, 2011, 13:59:34 NACHMITTAGSIch glaube so etwas in diese Richtung gab es mal von Hanwei.
Diese Dinger hier (http://www.youtube.com/watch?v=2ad7les38fw)? Das müsste die von sQeedy schon angesprochenen Fechtfeder 2.0 sein.

Das grundlegende Problem ist halt immer, daß man beim Stechen was braucht, das nachgibt (bei möglichst wenig Druck bereits). Aber beim Anbinden und Winden braucht man etwas das biegesteif ist. Diese Anforderungen liegen leider im direkten Clinch. Es gibt da noch so ein Konzept (http://www.youtube.com/watch?v=v9Xe8-crwps), das mit Teleskopierung arbeitet. Aber dem fehlt halt noch die Serienreife (soweit ich weiß) um darüber was ernsthaftes sagen zu können.
Wenn du hingegen die Stichfähigkeit vernachlässigst, baust du letztlich etwas, das diverse Schaukampfschwerter schon zur Genüge leisten können, denk ich.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Lord_Helmchen in August 03, 2011, 18:52:57 NACHMITTAGS
Zitat von: Tom in Juli 31, 2011, 22:08:14 NACHMITTAGS
- an welchen Stellen bricht eine Klinge "gern"

Aus dem Bauch heraus würde ich, sofern vorhanden, auf den Mittelgrat oder (bei "falscher" Anwendung) die Schneide tippen, d.h. da wo bei Biegung/Kompression die grösste Zug- oder Kompressionsspannung im Klingenquerschnitt auftritt.

Zitat
- bei welchen Belastungsarten bricht sie

Bei allen Belastungarten, die eine Zug-, Kompressions- oder Scherspannung auf das Gefüge verursachen.  ;) :D
Btw, in diesem Forum (http://hemaalliance.com/discussion/viewtopic.php?f=7&t=632&st=0&sk=t&sd=a&start=20) wird u.a. über gebrochene Federn diskutiert, dabei auch erwähnt wie die Brüche zustande kamen. Es scheint so als ob Federn besonders häufig nahe der Spitze brechen. Inwiefern sich diese Beobachtung auf Schwerter übertragen lässt, vermag ich nicht zu beurteilen. M.E. verformt sich dieser Bereich am stärksten (Zugspannung) und hat die grösste Radialgeschwindigkeit (entsprechend grössere Scherkraft an der Stelle an der beim Auftreffen abgebremst wird).

Zitat
- wo sollten die Schwingungsknoten eurer Meinung nach liegen

Naja, an der Stelle  mit der man den Gegner bei einem Hau treffen möchte (http://www.myarmoury.com/feature_properties.html)? Also irgendwo im letzten Drittel der Klinge zum Ort hin.

ZitatThe CoP is nothing more than the sword's "sweet spot" or the area where the sword will deliver its maximum impact to a target without energy dissipating through vibration.


Mit welcher Software hast du eigentlich dieses Simulation modelliert? Matlab?

Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Hannes in August 03, 2011, 19:47:27 NACHMITTAGS
Sieht nach Ansys aus. Siehe das linke untere Koordinatenssystem.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 03, 2011, 23:02:59 NACHMITTAGS
Hallo Lord_Helmchen,

Zur Software: Vorranging verwende ich Code Aster [1] (Finite Elemente Code) und als Post- und Preprozessor Salome [2]. Mit dem Matlab wie ich es kenne (Matlab & Simulink for Students) sind solche Analysen eher schlecht realisierbar. Mit Salome kann man parametrische (in den Maßen variable) Geometrien und Netze erstellen, was das Studieren vieler Varianten sehr komfortabel ermöglicht.

Wenn ich dich richtig verstehe, meinst du mit dem ersten Punkt den du ansprichst den "Bruchbeginn", von dem der Schaden (Bruch) binnen Millisekunden anfängt sich auszubreiten? In den Randfasern (Schneiden oder Gräte) treten bei Biegung die Spannungsmaxima auf, das ist soweit nachvollziehbar. Was ich auch noch suche sind Erfahrung, an welchen Stellen bei der normalen Verwendung eine Klinge bricht (am Kreuz, an der Knaufniete...)

Der sogenannte CoP (Center of Percussion - Zentrum der Erschütterung/Aufschlag) ist Zweifelsohne im Bereich zwischen Klingenmitte und Ort zu finden und muss dem Verwender der Waffe gut vertraut sein. Ich persönlich finde die Lage des Schwingungsknotens am Heft ebenfalls wichtig. Dieser sollte möglichst nahe der ersten Schwerthand liegen (die Hand nahe am Kreuz). Wie ist eure Meinung/Erfahrung dazu?

Das Zitat von dir, glaube ich bei www.myarmoury.com gelesen zu haben, stammt es von dort?


Hallo Hannes (Alter Ringkämpfer und Latexer)! Wie gesagt, Ansys ist es nicht. Code Aster ist eine frz. Software der Firma EDF und für alle Arten der Strukturanalyse verwendbar (braucht m.E. den Vergleich mit Ansys nicht zu scheuen).

Viele Grüße!
Tom

[1] http://www.code-aster.org
[2] http://www.salome-platform.org
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Lord_Helmchen in August 10, 2011, 19:01:46 NACHMITTAGS
Zitat von: Tom in August 03, 2011, 23:02:59 NACHMITTAGS

Wenn ich dich richtig verstehe, meinst du mit dem ersten Punkt den du ansprichst den "Bruchbeginn", von dem der Schaden (Bruch) binnen Millisekunden anfängt sich auszubreiten?

So ungefähr. Ich dachte dabei aber nicht nur an den Abstand von der neutralen Faser gedacht,sonder auch an den relativ geringen Querschnitt dieser Bereiche.

Zitat
Das Zitat von dir, glaube ich bei www.myarmoury.com gelesen zu haben, stammt es von dort?

Schau dir mal den Link an.  ;) Btw, es müsste auf thearma.org einen Artikel zum Thema geben. Da wird beschrieben, dass die Angel beim Auftreffen in Schwingungen versetzt  wird, da sich der Knauf ungebremst weiterbewegt. Weswegen die Angel dimensioniert und der Härtegrad entsprechend eingestellt sein muss, um einem Bruch vorzubeugen.


Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: PatrickD in August 11, 2011, 12:59:22 NACHMITTAGS
Hi Tom,

jetzt auch noch Senf von mir.
Meines Erachtens sollten die Nulldurchgänge der Schwingung nach des Pariers und im vorderen Drittel. Da die Führungshand vorn greift, bleibt das Schwert kontrollierbar wenn man im Nullpunkt greifen kann. Außerdem könnte ich mir vorstellen, daß dadurch die Bruchgefahr am Übergang Klinge/Angel reduziert wird.

Mit den Brüchen ists so eine Sache. Ich denke man kann schlecht allgemeine Aussagen treffen. Es kommt drauf an wie das Schwert gefertigt wurde, durchgängig, mehrlagig, damasziert, unterschiedlich getempert...
Ich glaube das Brüche vor allem in Zonen häufiger Treffer auftreten, da sich dort ne Kaltverfestigung ausbildet und daher das ganze spröder wird.

Klasse Thema übrigens, auch wenn ich von Werkstofftechnick und technischer Mechanik nich übermäßig viel verstehe.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 14, 2011, 14:16:50 NACHMITTAGS
Zitat
Schau dir mal den Link an.  ;) Btw, es müsste auf thearma.org einen Artikel zum Thema geben. Da wird beschrieben, dass die Angel beim Auftreffen in Schwingungen versetzt  wird, da sich der Knauf ungebremst weiterbewegt. Weswegen die Angel dimensioniert und der Härtegrad entsprechend eingestellt sein muss, um einem Bruch vorzubeugen.

Lord Helmchen, bitte kannst du mir den Link zum Dokument schicken - ich finde es nicht.

Danke und Gruß
Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Lord_Helmchen in August 15, 2011, 10:24:25 VORMITTAG
http://www.thehaca.com/spotlight/GTA/motions_and_impacts.htm (http://www.thehaca.com/spotlight/GTA/motions_and_impacts.htm)
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: PatrickD in August 22, 2011, 11:42:21 VORMITTAG
Hi Tom,
ich hab am Wochenende auf dem Stadtfest mal einen vom dort auftretenden Thüringer Ritterorden nach Schwertbrüchen befragt. Die hauen sich ja och.
Also zum einen bricht die Klinge meist im vorderen Drittel bzw. im Übergang Schwäche/Stärke. Der Bruch ist kein glatter, eher "gezackt". Die Struktur am Bruch sieht wie "Grauguß" aus, also recht fein rau. Oft sind auch Bläßchen (Lunker) sichtbar, also ne Schwäche in der Struktur. Der Bruch ist auch nicht direkt schleichend, da der Stahl so spröde ist, daß sich kein wachsender Riß offenbart.
Ich hoffe mal, das hilft bissel weiter.
Bis denn
Patrick
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Klaus-Peter in August 24, 2011, 21:38:52 NACHMITTAGS
Tach Tom!

Da ich von Mechanik und Werkstofftechnik etc. soviel verstehe, wie ein Pinguin von der Wüste (übrigens lese ich hier viele mir neue Begriffe, ist das schlimm?), ziehe ich mal von einen anderen Seite auf (ok, wurde aber schon erwähnt...)

Klingenbrüche sind ein Storchenproblem. Da wo am häufigsten Kontakt besteht, werden Klingen am häufigsten brechen. Im Kino bricht die Klinge meist kurz überm Parier und die Fechtfeder biegt sich wahrscheinlich nicht ohne Grund im forderen Klingendrittel am intensivsten...

Als trainierter Laie mache ich mir während eines "Kampfes" um folgende Punkte Sorgen...
- der Punkt direkt über/unter der Parierstange: Hier erfolgt eine krasse Reduzierung der Breite des Metallstücks. Die auftreffende Kraft, die von der hohen Klingenbreite aufgenommen wird, wird weitergeleitet auf das sehr schmale Stück (wo das Heft drumherumgebastelt ist)... Für mich hört sich das nach dem gegenteiligen Effekt der Kraftverteilung an wie er bei nachgebender Schutzausrüstung zum Tragen kommt.

- der Perkussionspunkt: Logisch. Der Punkt, an dem die höchste Schadenswirkung beim Schlag (Horizontalbelastung) erzeugt wird ist auch der Punkt, der diese Kräfte aushalten muß, weil es in der Mechanik ja immer 2 Beteiligte gibt. Auch ist dieser Punkt ja schwingungsintensiv und biegeempfindlich (Vertikalbelastung).

... Und mit diesen Punkten arbeitet so ein Fechter recht häufig, wie mir scheint  ::) ...

Es sind die Arbeitstiere dieser Welt, die mit PTBS in die Klinik kommen...  ;D

Würdest du mir jetzt den Hammer in die Hand drücken, würde ich instinktiv wohl die von mir geschilderten Punkte der Klinge verbreitern. Das sähe wohl sehr gewöhnungsbedürftig aus (Gladius zu 1,5 Hand) und hätte wahrscheinlich einen ziemlich axtmäßigen Schwerpunkt... Sonst hätte man das ja schon hergestellt, weil ich nicht der erste bin, der auf solche Ideen kommt, nehme ich an...
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in August 25, 2011, 00:19:05 VORMITTAG
Hallo Patrick und Hallo Klaus Peter,

das Brechen im vorderen Drittel werde ich in meinem Lastfallkatalog nun berücksichtigen, das steht fest. Es entstehen dabei wieder neue Fragen. Bricht eine Klinge beim Parieren, d.h. mein Annehmen des gegnerischen Schlages mit der flachen (biegeweicheren) Seite? Oder eher beim Auftreffen von Schlagkante auf Schlagkante? Bei einer dynamisch- transienten Analyse  ließen sich beide Fälle betrachten (was passiert innerhalb dieser geringen Zeit, wenn die Klinge an der Auftreffstelle eine Beschleunigung erfährt und eine plastische und elastische Verformungen erleiden muss).

Zum Übergang von Klinge und Angel: Die Kerbe an dieser Stelle ist eine klare Schwachstelle, welche allerdings unter Anwendung des Axioms der konstanten Oberflächenspannungen optimieren lässt. Man müsste es beim Konstruieren wie die Bäume machen: dort wo bei der Hauptbeanspruchung hohe Spannungen an der Außenfläche enstehen, muss Material hinzugefügt werden (s. Arbeiten von Dr. Claus Mattheck).

Die Berechnungen bereite ich (immer) noch vor und werde neue Erkenntnisse in diesem Thread kundtun.

Viele Grüße nach Dresden aus dem entfernten Watermurky.
Tom

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Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: PatrickD in August 30, 2011, 22:48:47 NACHMITTAGS
Hey Tom,

kuck mal hier: http://www.youtube.com/watch?v=5Hy_A9vjp_s (http://www.youtube.com/watch?v=5Hy_A9vjp_s) bei ca. 6:40 da kannste einen Schwertbruch in Zeitlupe sehen.
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: MeisterPetz in August 31, 2011, 09:49:24 VORMITTAG
Hey,

ich würde eher mit einem Bruch beim Auftreffen der Schlagkanten aufeinander rechnen, da in diesem Fall beide Klingen am Biegesteifsten sind, wodurch nicht viel Energie in die Biegung weg geht. Wenn du mit der Schlagkante auf das Blatt des gegnerischen Schwertes schlägst biegt sich dieses eher zur Seite und "weicht aus", als zu brechen (wobei das nicht heißt, dass das nicht trotzdem passieren kann, ich halte es nur für eher unwahrscheinlich)

Gruß
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in September 15, 2011, 17:48:21 NACHMITTAGS
Hallo Patrick, hallo Meister Petz,

das Video habe ich mir angesehen - einzig haben mich die "zusätzliche Randbedingung" (Auflage des zerbrechenden Schwertes auf zwei Auflagern) gestört, was die Interpretation erschwert. Ich finde es dennoch sehr interessant (vor allem die Zeitlupeaufnahmen). Meister Petz, du hast Recht - es muss in beiden Fällen ähnlich viel Arbeit verrichtet werden. Beim steifen Aufeinandertreffen passiert nebst Biegung ein Umformprozess der Klinge (Scharten) bei welchem Wärme frei wird. Die Summe der Arbeit durch Umformen und durch Biegung der steifen Achse = "nur Biegung" der weichen Achse. Durch die, während des Zusammenpralls, sich heranbildende Kerbe, entsteht Kerbwirkung die zu lokal höhren Spannungen (vor allem bei Biegung führt). An der Stelle des Zusammenpralls befindet sich die "Druckseite" der Biegung - die Zugseite bleibt unversehrt. Was passiert bei dieser Art Lastfall? Dazu brauche ich noch Kenntnisse zu Versagensarten von Stählen.

Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: MeisterPetz in September 15, 2011, 20:05:37 NACHMITTAGS
Hi,

ZitatAn der Stelle des Zusammenpralls befindet sich die "Druckseite" der Biegung - die Zugseite bleibt unversehrt.
-> dem würde ich widersprechen. An der Stelle, an der die Klingen aufeinander treffen existiert kein Biegemoment in der Klinge (Moment ist immer Kraft * Hebel), da kein Hebel vorhanden ist. Was jedoch existiert ist eine Keilwirkung der "zerstörenden" Klinge, wenn sie in die "brechende" eindringt und eine Scharte immer weiter aufweitet...insofern ist doch Biegespannung vorhanden, die durch die Kerbwirkung verstärkt wird. Weiterhin existieren eine Querkraft (-> führt zu Scherspannungen) und die Flächenpressung. Bei einem einseitig gelagerten Biegebalken (was anderes ist ein Schwert nicht) ist die Zugseite auch immer auf der Seite der belastenden Kraft...also auf der Seite des Zusammentreffens. Das ist auch der Grund, weshalb die Kerbe so kritisch ist. Wenn diese sich auf der Druckseite befindet wird sie durch die Biegung sozusagen zugedrückt. Da sie sich jedoch auf der Zugseite befindet wird sie aufgeweitet, was zu Spannungsüberhöhungen im Kerbgrund führt. Dieser Mechanismus dürfte, wenn ich mich mal ein wenig aus dem Fenster lehne, mit steigendem Härtegrad des Stahls an Bedeutung gewinnen (geringere Duktilität)...Stark gehärtete und nicht vergütete Stähle können durchaus brechen wie Glas (Hat jetzt zwar nichts mit der Realität zu tun aber ich denke Narsil aus dem Herrn der Ringe ist zumindest ein gutes Bild, wie man sich etwas derartiges bei einem Schwert vorstellen kann). Zu Versagensarten kann ich dir aber auch nichts groß sagen, dazu reicht mein Wissen nicht aus


Gruß

Edith sagt: Ein weiterer Mechanismus, der vermutlich relevant ist, ist die Kaltverfestigung. Treffen zwei Klingen mit großer Gewalt aufeinander steigt die Härte des Stahls an dieser Stelle durch die kalte plastische Umformung...was zu einer Verringerung der Duktilität und somit irgendwann zum entstehen von Rissen und Kerben führt
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in Dezember 22, 2011, 23:37:30 NACHMITTAGS
MeisterPetz, bei diesem dynamischen Problem ist es so, dass die Klinge sich in der Mitte beginnt zu bewegen. Die von der Mitte entfernten Teile der Klinge verbleiben zunächst durch ihre Trägheit am alten Ort und eilen der durch die Mitte vorgegebenen Bewegung hinterher. Ganz vereinfacht könnte man sich das als Einfeldträger mit mittiger Belastung vorstellen. Das maximale Moment ist somit genau am Kraftangriffspunkt.

Ich gebe dir Recht, Biegemoment ist Kraft x Hebel. Das trifft auch in unserem Falle uneingeschränkt zu. Man kann sich auch vorstellen, die Kräfte wirken (durch Trägheit der Massen) an den von der Mitte entfernten Stellen. Somit ergibt sich der Hebel zur Mitte hin.

Liebe Grüße
Tom
Titel: Re:Schwertphysik
Beitrag von: Tom in Februar 07, 2012, 20:39:18 NACHMITTAGS
Ich habe weitere Analysen durchgeführt, eine Simulation eines Klingenkontaktes im oberen Drittel der Klinge. Das Modell ist in einem sehr frühen Stadium, dennoch lassen sich Schlüsse über Schwachstellen ziehen. Diesmal sind es kurze Videosequenzen, da es sich um eine zeitbasierte Simulation handelt.

www.ib-guder.de


Winterliche Grüße an Euch nach Dresden!
Tom
Titel: Re:Schwertphysik: Ergebnisse?
Beitrag von: EnginSeer in November 30, 2012, 12:18:45 NACHMITTAGS
Hallo Zusammen,

ist dieser Thread noch aktiv?
Mich würde - abgesehen von ein paar Fragen zur Modellierung - interessieren, ob es hier schon Ergebnisse gibt; die angegebene Homepage zeigt ja nur ein statisches Bild...
(http://1.1.1.4/bmi/foolstown.com/sm/lam.gif)

Schöne Grüße:
Gerd
(http://1.1.1.2/bmi/foolstown.com/sm/budo.gif)